Die erste mir bekannte deutsche Handschrift ist die Kanzleyschrift, oder auch manchmal Canzleyschrift genannt. In dieser Schriftart wurden amtliche Dokumente geschrieben, Briefe an den Kaiser oder auch Verträge. Hauptmerkmal ist der altertümliche Wortlaut (Thür und Thor mit th, bey mit y und Pünktchen drauf). Zudem sind oftmals lateinische Floskeln im Dokument, somit es für Lateinlaien schwer, solche Texte zu übersetzen. Nebenher wurde aber in dieser Zeitepoche durchaus schon Latein geschrieben.
Abgelöst wurde die Kanzleyschrift von der Kurrentschrift. Diese wundervolle Schrift wurde mit Kielfeder (Gänsekiel) geschrieben, von daher waren die dünnen und dicken Auf- und Abstriche möglich und die Buchstaben entsprechend schwungvoll. Sie wurde bis 1914 geschrieben.
Die Umstellung von Kielfeder auf Stahlfeder machte eine neue Schrift erforderlich. Eine, die auch von Schülern leichter zu erlernen war. Ludwig Sütterlin gewann den „Wettbewerb“. Somit wurde die Sütterlinschrift 1914 in den Schulen eingeführt. 1941 wurde die Sütterlinschrift verboten. Danach wurde an Schulen nur noch die lateinische Schrift gelehrt. Es gibt nur noch wenige Menschen, die die Sütterlinschrift in der Schule gelernt haben.
Achtung Verwechslungsgefahr! Immer wieder erzählen mir Menschen, sie könnten Sütterlin lesen und haben etliche Bücher damit Zuhause. Bei genauer Betrachtung handelt es sich dann aber um Frakturschrift. Dabei handelt es sich um die DRUCKschrift aus der guten alten Zeit. Damit wurden Bibeln, Gesangsbücher und andere Bücher gedruckt. Sütterlin und andere Schriften sind HANDschriften.
Nach dem Ende der Sütterlinschrift gab es hier und da noch regional geschriebene deutsche Schriften, so zum Beispiel die Offenbacher Schrift von Rudolf Koch. Sie wurde im hessischen Bereich geschrieben, kam aber nie offiziell „auf den Markt“.